Wir wissen es schon längst, denn die Fakten liegen auf dem Tisch: Die Erderwärmung, der CO2-Ausstoss, der Ressourcen- und Energieverbrauch sowie die Umweltverschmutzung nehmen weiter stark zu. Es ist der Klima- und Umweltpolitik bisher bei weitem nicht gelungen, eine hinreichend starke Reduktion der ökologischen Belastungen zu erreichen.
Studien der Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke an der Uni Salzburg zeigen zudem: Je existentieller die Bedrohung, desto geringer ist unsere Bereitschaft, das Verhalten zu ändern. Von der Strategie des Wachrüttelns durch Bedrohungsszenarien sei daher dringend abzuraten.
Tagtäglich werden zurzeit mehr oder weniger seröse Ideen und Vorschläge kolportiert, wie der Klimawandel einzudämmen sei. Natürlich sollen diese auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Aber als Erstes muss die Politik jetzt eine CO2-Steuer auf die Wege bringen, die den CO2-Ausstoss in allen relevanten Bereichen unserer Gesellschaft bepreist – im Strom-, Verkehrs-, Industrie-, Gebäude- und Landwirtschaftssektor. Und als Zweites müssen wir unseren Überkonsum drosseln. Ohne diese beiden Massnahmen werden wir beim Klimaschutz wohl kaum vom Fleck kommen.
Unverändert wird uns suggeriert, man müsse nicht weniger konsumieren, sondern eben nur anders. Wir müssten bloss nachhaltige und umweltfreundliche Produkte kaufen. Man lässt uns also glauben, dass wir mit Konsum die Welt retten können. Wir können scheinbar sorglos immer mehr konsumieren und damit der Umwelt sogar etwas Gutes tun, denn fast kein Produkt – vom Klopapier bis zum Auto – wird mehr verkauft ohne das Versprechen, dass man die Welt dadurch ein wenig besser macht.
Das ist nicht von ungefähr. Unsere Gesellschaft basiert auf stetigem Wachstum unserer Wirtschaft. Der Motor, der dieses Wachstum antreibt, ist der kontinuierlich ansteigende Konsum von uns allen. Nur ist das nicht nachhaltig. Die Klimakrise ist die bedrohlichste Folge und ein direktes Ergebnis dieses Strebens nach immerwährendem Wirtschaftswachstum.
Viele Konsumenten/Innen haben ein falsches Verständnis von dem, was Nachhaltigkeit ist, sagt die Konsumentenforscherin Dr. Pia Furchheim von der ZHAW. Statt sich vom Materialismus zu lösen, suchen sie Lösungen innerhalb des Konsums und entwickeln sich zu «grünen Materialisten». Laut einer Studie der ZHAW gehört fast jeder Dritte in der Schweiz diesem Typus an.
«Kauf mich und mach diese Welt ein kleines Stückchen besser» – so lautet die zentrale Marketing-Botschaft nachhaltiger Marken. Doch in Wahrheit macht Konsum selten etwas besser. Mit den meisten nachhaltigen Konsumgütern minimieren wir lediglich den Schaden, den wir anrichten. Wer das nicht verinnerlicht, läuft Gefahr umweltfreundlich immer mehr zu konsumieren.
Solange die Preise nicht die Wahrheit sagen, wird die Produktion umweltschädlich bleiben. Am Ende entscheidet immer der Preis. Auch wenn viele Konsumenten sich gegen die Verlockung stemmen, zum billigeren und umweltschädlichen Produkt zu greifen: Hier muss die Politik eingreifen. Ihre Aufgabe ist es, im Sinne von Nachhaltigkeit und Tierschutz dafür zu sorgen, dass die wahren (Umwelt-)Kosten in den Verkaufspreis einfließen.
Die Idee mit ressourcen- und energiesparenden Produkten der Umwelt zu helfen, ist jetzt gut 25 Jahre alt – funktioniert hat sie noch nie.
Ökologie scheint heute hoch im Kurs zu stehen, aber stimmt das auch? Wir können das ganz einfach anhand von Zahlen beurteilen, z.B. am globalen Verbrauch von Energie. Und der nimmt seit der Jahrtausendwende weiter rasant zu, und ein Ende ist nicht absehbar.
Echter Klimaschutz wird weh tun, weil freiwilliger Verzicht allein nicht genügen wird. Viele Menschen werden ihr Leben ändern müssen. Denn es gibt kein Recht auf die Freiheit, alles konsumieren zu können. Auch in Ländern mit Demokratie und Marktwirtschaft hört die Freiheit da auf, wo die Lebensgrundlagen aller bedroht sind.
Wir haben jetzt noch die Freiheit, unsere Lebensweise zu ändern, bevor wir in Zukunft einfach dazu gezwungen sein werden. Aber das ist ein Gedanke, dem wir verständlicherweise lieber aus dem Weg gehen, weil wir dazu heute schon viel mehr ändern müssten als nur die Art und Weise unseres Konsums.
MYBLUEPLANET zeigt deshalb auf, was und wie jeder Einzelne von uns zum Klimaschutz wirksam beitragen kann. Denn nur dann, wenn die Mehrheit von uns ihr Verhalten ändert, können wir die Klimaschutzziele von Paris 2015 erreichen.
Richtig wirksam werden diese Verhältensänderungen aber nur zusammen mit strukturellen Veränderungen in unserer Gesellschaft. Die Politik muss jetzt dringend Rahmenbedingungen festlegen, damit wirksamer Klimaschutz für uns alle im praktischen Alltag machbar und einfacher wird.
Quellen: Marcus Jauer, Tages-Anzeiger 10.12.2018, Peter Carstens, GEO 22.08.2018, Markus C. Schulte von Drach, Süddeutsche Zeitung 13.07.2019, Andrea Pramor, Tsüri 13.8.2019, Andreas Brenner, Tages-Anzeiger, 14.7.2019, Urs Bruderer, REPUBLIK 24.08.2019